Wie in jedem Jahr gibt es auch 2019 ein Tour de France Spiel für alle Radsport-Fans. Diesmal wird der Nischen-Titel der Cyanide Studios allerdings nicht von Focus Home Interactive, sondern von Bigben veröffentlicht. Ob sich bei der Konsolen-Variante mehr verändert hat, als nur der Publisher, verraten wir euch im Test.
Lizenzierte Strecken und fiktive Kurse
Tour de France 2019 hält wie seine Vorgänger mehrere Spielmodi bereit. So haben wir nicht nur die Chance, die grundlegende Steuerung im ausführlichen Trainingsmodus zu erlernen, sondern können uns auch direkt in ein Rennen unserer Wahl stürzen. Ergänzend zu allen 21 Etappen der diesjährigen Tour de France steht auch die Originalstrecke des traditionellen Vorbereitungsrennens zur Tour, des Critérium de Dauphiné zur Auswahl. Gleiches gilt für den Rundfahrt-Klassiker Paris-Nizza, der jährlich im ersten Kalenderabschnitt auf dem Programm steht. Auch die traditionellen Frühjahrsrennen wie der legendäre Kopfsteinpflasterkurs Paris-Roubaix oder die Vlaanderen Classics – letztere sind in diesem Jahr erstmals mit dabei – gehören zum Umfang an Rennen. Anspruchsvoll wird es beim WM-Kurs in Innsbruck, bei dem zahlreiche Berge bewältigt werden müssen, und auch die WR Championship Kurse aus London und Brüssel können freigespielt werden.
Ergänzend zu den genannten lizenzierten Strecken kommen mit der Open Tour, der Euro Tour, der Route Corse und der Sprint Challenge vier fiktive Rundfahrten hinzu, die das Radsport-Jahr komplett machen. Des Weiteren haben wir die Chance, uns im My Tour Modus eine eigene Rundfahrt aus den verfügbaren Etappen der vorgefertigten Rennen zusammenzustellen. Wie immer schade ist das Fehlen der anderen beiden Grand Tours, also des Giro in Italien sowie der Vuelta in Spanien. Die offensichtlich fehlenden Lizenzen sind eine Sache, aber wenigstens eine oder zwei fiktive große Landesrundfahrten wären einfach schön gewesen, um gerade in den beiden Karriere-Modi für einen authentischeren Saison-Verlauf zu sorgen.
Führt das Team zum Sieg
Während es im gerade vorgestellten Modus „Rennen“ darum geht, einzelne Etappen oder Rundfahrten ohne weitere Funktionen zu bestreiten, betreuen wir im „Pro Team“-Spielmodus ein von uns erstelltes Team und führen es durch die Saison. Dabei wählen wir zunächst die Schwierigkeit aus und entscheiden, ob wir alleine oder im Koop-Modus in die Karriere starten möchten. Anschließend geben wir unserer Mannschaft einen Namen und wählen ein Herkunftsland des Teams aus. Wie in den vergangenen Jahren können wir unserem Radsportclub auch eines von 20 vorgefertigten Trikots zuweisen. Radsport-Veteranen werden hier das eine oder andere Trikotdesign entdecken, das an legendäre Teams aus der Vergangenheit erinnert. Als Beispiel können hier die Mannschaften Once, US Postal Service oder auch Mapei Quickstep angeführt werden, deren Trikotdesigns trotz einiger Veränderungen gut erkennbar sind.
Ist dies vollbracht, müssen wir unser Team mit Fahrern füllen. Dabei stehen alle aktuellen Sportler der großen Teams zur Verfügung, solange sie von unserem Startbudget abgedeckt werden. Die Topstars lassen sich zu Beginn allerdings nicht auswählen, da sie sich natürlich nicht dazu herablassen, bei einem Newcomer-Team zu arbeiten. Insgesamt müssen wir mindestens sechs Fahrer verpflichten, bevor wir loslegen können. Hier legen wir außerdem die Spezialisierung unserer Mannschaft fest, je nachdem, wie viele Fahrer aus den insgesamt vier Bereichen wir auswählen. Neben vielseitigen Sportlern stehen auch Spezialisten für Berg, Hügel und Sprint zur Verfügung. Als unbekanntes Team sind wir nicht sofort für alle oben genannten Kurse gemeldet, sondern müssen uns die Starberechtigungen nach und nach erarbeiten. So ist ein Start bei der Tour de France im ersten Jahr zum Beispiel nicht möglich.
Nun spielen wir uns von Saison zu Saison und verdienen uns mit guten Ergebnissen Punkte. Dadurch steigen wir im Laufe der Zeit im Ranking und können an weiteren Rennen teilnehmen. Außerdem haben wir am Ende einer Saison die Möglichkeit, neue Spieler zu verpflichten. Zusätzliche Management-Funktionen suchen wir hier allerdings vergebens, denn im Gegensatz zum Pro Cycling Manager für den PC liegt auf der Konsole der Fokus klar auf den Rennen. Wenn wir uns gut anstellen und die vorgegebenen Ziele des Vorstands erreichen, dürfen wir außerdem ein Nationalteam steuern und an der Weltmeisterschaft teilnehmen.
Der beste Fahrer der Welt
Anders als im „Pro Team“-Modus steht beim „Kapitän“-Modus nur ein einzelner Fahrer im Zentrum. Bevor wir starten, legen wir dessen Namen, Nationalität, Alter und Körpermaße fest und entscheiden uns für eine Spezialisierung. Als Besonderheit dieser Spielvariante liegt es an uns, wie sich unser Fahrer entwickelt. Je nachdem, welche der vorgegebenen Herausforderungen wir erledigen, spezialisiert sich unser Sportler auf einen bestimmten Bereich. So verbessern wir seine Fähigkeiten am Berg beispielsweise, wenn wir als erster über einen Pass einer bestimmten Kategorie fahren. Unser Zeitfahrtalent bauen wir dagegen aus, wenn wir als Ausreißer eine bestimmte Anzahl an Kilometern vor dem Feld fahren.
Insgesamt stehen uns 12 Kategorien mit individuellen Aufgaben zur Wahl. Dabei entscheiden wir selbst, ob wir aus unserem Fahrer einen Spezialisten oder einen Allrounder machen. Dank der Herausforderungen ist im „Kapitän“-Modus definitiv für Langzeitmotivation gesorgt, außerdem hebt er sich auf diese Weise vom „Pro Team“-Modus ab. Wenn wir uns im Laufe der Saison gut präsentieren, haben wir vielleicht auch die Chance, an der Weltmeisterschaft teilzunehmen und für unser Land um das Regenbogentrikot zu kämpfen.
Wem die vorgestellten Modi noch nicht reichen, der kann sich außerdem dem Herausforderungsmodus stellen. Hier dürfen wir uns nicht nur in der Abfahrt beweisen und versuchen, eine bestmögliche Zeit hinzulegen, sondern können auch in verschiedenen Sprintvarianten antreten. So kämpfen wir im Massensprint um den Sieg oder müssen als Ausreißer möglichst genau der vorgegebenen Ideallinie folgen, um uns vor dem Fahrerfeld ins Ziel zu retten. Die Herausforderungen können in drei Schwierigkeitsstufen sowie im Koop-Modus gespielt werden.
Solide Optik und bewährt griffige Steuerung
Optisch muss sich Tour de France, wie auch in den letzten Jahren, nicht verstecken. Die Strecken wurden abwechslungsreich sowie authentisch gestaltet und überzeugen mit realistischen Landschaften, bei denen Steigungen und Abfahrten gut zur Geltung kommen. Auch die Zuschauer am Streckenrand sind gelungen und tragen mit Anfeuerungsrufen und -gesten zur Stimmung bei. Etwas Verbesserungspotenzial besteht dagegen bei der Optik der Fahrer. Diese wurden leider im Spiel alle mit dem gleichen Gesicht ausgestattet. Dies erkennt man effektiv zwar nur beim Start einer Etappe, schön anzusehen ist es aber in jedem Fall nicht. Überzeugen konnten dagegen die Originaltrikots der aktuellen Teams, ganz gleich, ob es um die amerikanische Mannschaft Trek Segafredo, das schweizer Team Katusha-Alpecin oder die deutsche Mannschaft Bora hansgrohe geht. Wie gewohnt sind auch in diesem Jahr leider nicht alle Lizenzen mit dabei, sodass wir auf die Trikots, den Teamnamen und die echten Fahrer vom britischen Team Ineos, ehemals Team Sky, verzichten müssen und stattdessen das Team Sea zu sehen bekommen. Bei den Fahrern finden wir hier gewohnt kreative Namensabwandlungen wie Frim statt Froome oder Thome statt Thomas. Lobenswerterweise sind es in diesem Jahr lediglich das Team Ineos sowie das Wanty-Gobert Cycling Team, bei denen alle Details abgeändert wurden, also Trikots sowie Team- und Fahrernamen. Bei anderen Mannschaften wie dem CCC Team oder dem Deceuninck Quick-Step Team stimmen wenigstens Trikots und Mannschaftsname, auch wenn die einzelnen Teammitglieder umbenannt wurden. Der Großteil der Datenbank ist aber in diesem Jahr vollständig lizenziert, was sehr erfreulich ist. Die falschen Namen lassen sich übrigens ohne großen Aufwand im Editor des Spiels abändern.
Bei der Steuerung wurde auch 2019 alles richtig gemacht und im Prinzip nichts verändert. Wir passen die Geschwindigkeit unseres aktiven Fahrers über die Schultertaste des Controllers an, bei Bedarf lässt sich eine Art Tempomat aktivieren, der das vorher festgelegte Pensum hält, sodass wir uns nur noch um das Lenken kümmern müssen. Wem dies auch noch zu viel ist, oder, wem auf Abfahrten das nötige Feingefühl fehlt, der kann sich auch einfach an einem vor ihm fahrenden Kollegen orientieren, die X-Taste drücken und das automatische Folgen aktivieren. Bei der Planung unserer Aktivitäten müssen wir stets den Angriffsbalken bei Attacken und Sprints sowie den allgemeinen Ausdauerbalken im Blick behalten, damit uns während der Etappe oder beim Angriff nicht die Energie ausgeht. Beide Balken lassen sich bei Bedarf mit einem separaten Energieriegel ein wenig aufladen. Wie gewohnt haben wir zudem die Möglichkeit, unseren Teammitgliedern über den Teamfunk Befehle zu erteilen. Wir können sie beispielsweise anweisen, uns zu beschützen, Führungsarbeit zu leisten oder zu attackieren. Des Weiteren ist es jederzeit möglich, den aktiven Fahrer unseres Teams innerhalb des Rennens zu wechseln, zum Beispiel, um mit einem Sprinter die Zwischensprints zu gewinnen und später mit einem Bergspezialisten am Anstieg anzugreifen. Langweilige Passagen während einer Etappe lassen sich übrigens per Schnellvorlauf überspringen.
Fazit:
Auch 2019 gilt, Radsportfans kommen um Tour de France für die Konsole eigentlich nicht herum. Der Platzhirsch in Sachen Fahrradsimulation überzeugt erneut mit abwechslungsreich gestalteten Strecken, gelungenem Handling der Fahrer und einem realistischen Spielgefühl. Hinzu kommen jede Menge vollständig lizenzierte Teams, einige Original-Rundfahrten und Klassiker sowie ein Editor, mit dem fehlende Informationen ergänzt werden können. Veteranen der Spielereihe dürfen sich außerdem auf einen zusätzlichen Klassiker, auf die Weltmeisterschaft sowie auf neue Herausforderungen freuen. Außerdem punktet der „Pro Kapitän“-Modus wie im vergangenen Jahr mit motivierenden Herausforderungen. Zu den Schwächen zählt hingegen neben den einheitlichen Gesichtern der Fahrer auch das Fehlen weiterer großer Rundfahrten. Wenigstens einige zusätzliche fiktive Strecken, gerne auch im Umfang einer dreiwöchigen Rundfahrt, wären hier sicherlich drin gewesen, auch wenn man die Lizenzen für Giro oder Vuelta nicht besitzt.
Positiv
- sehr viele komplett lizenzierte Teams
- ein neuer Klassiker
- Weltmeisterschaft ist spielbar
- gewohnt gelungene Steuerung
- solide Grafik
- realistische Atmosphäre
Negativ
- nur eine lange Rundfahrt
- Gesichter der Fahrer im Spiel komplett identisch
- wieder komplett veränderte Teams mit dabei
- überschaubare Neuerungen
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