Nach den Erfolgen der vergangenen Sony-Exklusivspiele, von Horizon Zero Dawn, über God of War bis hin zu Spider-Man, sind die Erwartungen an den Zombie-Survivaltitel Days Gone entsprechend hoch. Ob er diese erfüllen kann, verraten wir euch im Test.
Mein Motorrad und ich
Bevor es losgeht, haben wir die Möglichkeit, zwischen drei Schwierigkeitsstufen zu wählen, von leicht bis schwer. Haben wir dies getan, erwartet uns eine Einführungssequenz, in der wir eine Gruppe von drei Überlebenden kennenlernen, die sich mitten in einer zombieverseuchten Stadt befindet. Sarah, die einzige Frau des Gespanns, wurde offenbar schwer verwundet, weshalb sie von ihrem Mann Deacon und dessen Kumpel Boozer gestützt zu einem Helikopter in der Nähe gebracht wird. Aus Mangel an Platz sind die beiden männlichen Protagonisten gezwungen, in der Zombiehölle zurückzubleiben. Wie wir später erfahren, wurde das Flüchtlingscamp, zu dem Sarah mit dem Hubschrauber gebracht wurde, angegriffen und vollkommen zerstört, sodass sich Deacon im Verlauf der Geschichte immer wieder mit dem Tod seiner Frau auseinandersetzen muss. Nach einem Zeitsprung schlüpfen wir in die Rolle von Deacon und satteln unser Motorrad, um uns zusammen mit unserem Begleiter Boozer durch die Apokalypse zu schlagen. Schnell merken wir, dass wir es in Days Gone nicht nur mit Zombies und wilden Tieren zu tun bekommen, sondern auch mit anderen Überlebenden, die uns nach dem Leben trachten.
Mehrere Storylines
Insgesamt ist die Geschichte des Titels oftmals sehr nebensächlich, gerade zu Beginn des Spiels. Später werden die Verstrickungen etwas interessanter und es kommen unerwartete Wendungen auf uns zu, sodass man definitiv am Ball bleiben sollte. So schafft es der Titel an einigen Stellen, beispielsweise den Zombies, etwas Tiefgang zu verleihen, da wir mehr über ihr Schicksal erfahren. Besonders ergreifend ist hier der Ursprung der sogenannten Krabbler, bei denen es sich um verwandelte Kinder handelt.
Die Protagonisten des Survival-Spiels sind glaubhaft und auf ihre etwas raue Art sympathisch, eine tiefe emotionale Bindung konnten wir während des Tests aber nicht aufbauen, sodass man bei Days Gone definitiv kein Last of Us erwarten sollte. Da die verschiedenen Spielmechaniken und auch die Stimmung innerhalb der Spielwelt aber wirklich überzeugen können, schadet die zeitweise etwas beiläufige Story dem Titel nur unwesentlich. Sie fungiert letztlich als gelungener Rahmen, der vielen anderen Zombie-Survivaltiteln leider fast gänzlich fehlt, ganz gleich, ob wir von DayZ, 7 Days to Die oder auch von State of Decay sprechen.
Im Verlauf des Spiels verfolgen wir mehrere Storylinien parallel, die unterschiedlich umfangreich sind. Während sich unser Protagonist beispielsweise mit seinen schmerzhaften Erinnerungen in Bezug auf den Verlust von Sarah auseinandersetzen muss, geht es in einem anderen Storyzweig darum, unseren verletzten Freund am Leben zu erhalten. Welche Aufgabe uns in welcher Geschichte voranbringt, zeigt uns das entsprechende Symbol. Oftmals kommen wir mit einer Aufgabe gleich in mehreren Stories voran.
Mit Tempo durch die Apokalypse
Um in der Wildnis zu überleben, müssen wir uns in vielerlei Hinsicht beweisen. So sind wir beispielsweise immer wieder als Fährtenleser unterwegs und suchen unsere Umgebung mithilfe der speziellen Überlebensansicht nach Spuren und Hinweisen ab. Aber auch unsere Fähigkeiten auf dem Motorrad werden in rasanten Verfolgungsjagden auf die Probe gestellt. Die Steuerung der Fahrzeuge ist sehr ordentlich umgesetzt und bringt wirklich Spaß, hier und da werden Erinnerungen an Ghost Recon: Wildlands geweckt.
Wenn wir die Lachgas-Einspritzung nutzen, um einen Beschleunigungsschub einzusetzen, kommen Speedjunkies noch etwas mehr auf ihre Kosten. Unser Motorrad wirbelt beim Fahren auch ordentlich Dreck in die Luft. Etwas schade ist hingegen, dass es keine dauerhaften Spuren hinterlässt, nicht einmal auf nassem, matschigem Untergrund. Auch bei den Haaren oder der Kapuze von Deacons Pullover leistet sich Days Gone beim Motorradfahren kleinere grafische Patzer, denn beides bewegt sich nicht im Fahrtwind, trotz Langhaarfrisur des Protagonisten. Dies fällt besonders dadurch auf, dass die grafische Umsetzung beim Laufen vollends überzeugen kann, denn hier bewegen sich lose Kleidungsteile und auch Accessoires wie Taschen, Schnallen und Ähnliches sehr realistisch.
Intensive Nahkämpfe
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist selbstverständlich der Kampf. Hier fallen in erster Linie die sehr schön inszenierten Nahkämpfe ins Auge, die vor allem mit ihrer Perspektive überzeugen. So sind wir aufgrund der gewählten Kameraperspektive sehr nah am Geschehen dran, wodurch die Gefechte bedrohlicher und unübersichtlicher, damit aber auch realistischer wirken als in vielen anderen Action-Titeln. Während der Auseinandersetzungen fühlt es sich an, als wäre man im Tunnel. Die Außenwelt wird quasi ausgeblendet und der Fokus liegt einzig und allein auf dem Überleben des Kampfes.
Neben einem Nahkampfangriff mit Waffen wie einem Messer, einer Axt oder einem Baseballschläger steht uns in diesen Situationen außerdem eine Ausweichrolle als Mittel zur Verfügung, die dabei hilft, feindlichen Angriffen zu entgehen und sich ein wenig Überblick zu verschaffen. Mit Blut und Gewalt wird im Übrigen nicht gegeizt, sodass durchgeschnittene Kehlen oder auch von Messern durchlöcherte Oberkörper keine Seltenheit sind und Horror-Fans umfassend bedient werden. Außerdem hält das Spiel diverse Jump-Scares für uns bereit, bei denen wir von Infizierten oder auch von anderen Gegenspielern wie aus dem Nichts angegriffen werden. Hier warten in der Regel kleinere Quick-Time-Aufgaben, in deren Rahmen wir uns aus den Fängen des Angreifers befreien müssen.
Mal aggressiv, mal defensiv
Auch das Waffenhandling des Endzeittitels ist mehr als ordentlich und lässt uns dank geschickt eingesetzter Vibrationen am Controller sowie sichtbarer Rückstöße, die den Oberkörper des Protagonisten ein Stück weit zurückwerfen, an der Wucht der Schusswaffen teilhaben. Da die Third-Person-Perspektive beim Zielen nah an die Schulter gezogen wird, sind wir hier gefühlt mitten im Geschehen. Neben offenen Kämpfen
warten auch klassische Deckungsshooter-Passagen auf uns, nämlich dann, wenn wir es mit bewaffneten, menschlichen Feinden zu tun bekommen. Hier präsentieren sich die Gegner allerdings als recht simpel gestrickt, sodass wir keine Angst haben müssen, dass sie uns, ähnlich wie in The Division, einkesseln und geschickt überrennen.
Weiterhin hält Days Gone klassische Stealth-Aspekte für uns bereit und bietet uns beispielsweise die Chance, in Büschen in Deckung zu gehen und Feinde mit Steinen auf eine falsche Fährte zu locken oder sie lautlos auszuschalten. Außerdem haben wir die Möglichkeit, unseren Geschwindigkeitsvorteil zu nutzen, um aus ausweglosen Kämpfen zu fliehen und uns in Sicherheit zu bringen. Ebenfalls sehr hilfreich ist das Markieren von Gegnern aus der Ferne, was über unser Fernglas möglich ist. Im Spielverlauf warten unterschiedliche Gegnertypen auf uns, die sich jeweils anders verhalten. So bekommen wir es nicht nur mit klassischen Zombies, sogenannten Schwärmern, zu tun, die von lauten Geräuschen angelockt werden, sondern auch mit hinterhältigeren Varianten wie dem schreckhaften Krabbler, der sich so lange zurückzieht, bis wir entsprechend angeschlagen sind. Auch menschliche Feinde mit verschiedenen Nah- und Fernwaffen stehen uns immer wieder gegenüber, ebenso wie mächtige Zombiehorden, bei denen wir die Spielwelt geschickt nutzen müssen, um zu überleben.
Eine verlorene Welt
In Sachen Atmosphäre gibt sich Days Gone keinerlei Blöße. Die größtenteils menschenleere und verlassene Welt wird stimmungsvoll in Szene gesetzt und kreiert eine glaubhafte Endzeitstimmung. Dazu tragen beispielsweise Details wie blockierte Straßen bei, die von uns freigeräumt werden müssen, um passieren zu können. Auch sehr intensive Wettereffekte, die von Sturmböen, die die Bäume am Straßenrand verbiegen, bis hin zu dichten Nebelschwaden reichen, die die Sicht spürbar einengen, spielen bei der gelungenen Atmosphäre eine große Rolle. Hinzu kommen ein realistischer Lichteinfall sowie passende Schattenwürfe, die in einer dunklen Umgebung wie einem Tunnel schon einmal für gruselige Momente sorgen. Schön ist außerdem, dass uns das Spiel die negative Stimmung nicht mit aller Gewalt aufzwingen möchte, wie es in anderen Genrevertretern der Fall ist. Schließlich scheint auch in der Zombie-Apocalypse einmal die Sonne, sodass wir uns in Days Gone auch hin und wieder auf Sonnenschein freuen können. Abgerundet wird die gelungene Präsentation durch einen stimmungsvollen Tag- und Nachtwechsel, der der Welt zusätzliches Leben einhaucht.
Craften und Sammeln
In der Spielwelt gibt es Einiges für uns zu entdecken. Da die menschlichen Gegner mitunter etwas zäh sind, sollten wir immer Ausschau nach Munition halten, denn davon brauchen wir eine Menge. Munition finden wir sowohl beim Plündern besiegter Feinde als auch beim Durchsuchen von Lagern oder Polizeifahrzeugen. Gegner lassen außerdem Waffen aller Arten fallen, sodass wir hier regelmäßig das Material wechseln können.
Um uns zu heilen, müssen wir entweder Medipacks aufspüren, oder entsprechende Materialien sammeln, um Verbände anfertigen zu können. Über unser Überlebensrad lassen sich außerdem nützliche Dinge wie Molotowcocktails oder Fallen herstellen. Die Auswahl an Rezepten wird im Spielverlauf immer größer, sodass immer mehr Objekte erstellt werden können. Beim Fahren durch die Spielwelt müssen wir außerdem immer auf den Zustand unseres Motorrads achten und dieses gegebenenfalls mit einem vollen Benzinkanister betanken oder auch mit eingesammeltem Schrott reparieren, um weiterfahren zu können.
Eine weitere Möglichkeit, um an Medizin, Munition oder auch an neue Waffen zu kommen, ist das Aufsuchen eines Camps. Hier können wir bei Händlern einkaufen, gesammelte Beute verkaufen oder unser Motorrad betanken, reparieren oder aufrüsten. Wer möchte, hat hier außerdem die Chance, die Optik des Bikes zu verändern. Wenn wir das Vertrauen eines Camps gewinnen, indem wir Aufgaben erledigen, stehen uns zusätzliche Objekte zur Verfügung. Unser Spielfortschritt bringt uns außerdem nach und nach Fähigkeitspunkte ein. Diese lassen sich im Fähigkeitsmenü auf drei verschiedene Kategorien verteilen, nämlich auf Nahkampf, Fernkampf und Überleben. Auf diese Weise verbessern wir beispielsweise unsere Chance auf kritische Treffer, die Dauer des Nachladens oder auch die Reichweite unserer Überlebensansicht.
Fazit:
Die Fußstapfen, in die Days Gone im Rahmen der Sony-Exklusivtitel treten muss, sind zugegebenermaßen sehr groß. Sowohl Spider-Man, als auch Uncharted oder God of War glänzten mit einer umfangreichen, vielschichtigen Geschichte und hervorragenden Charakteren. Hier kann Days Gone trotz diverser Storywendungen und Hintergründe zu Deacon oder den Infizierten nicht ganz mithalten, auch wenn die Figuren und ihre Schicksale durchaus glaubhaft sind. Dennoch weiß der Titel zu überzeugen. So schafft es die Geschichte, so beiläufig sie auch häufig ist, dem Spiel einen Rahmen zu verleihen. Da sich die Story auf mehrere kleine Handlungsstränge verteilt und über zahlreiche Aufgaben und Sequenzen erstreckt, ist sie immer irgendwie präsent und gibt unserem Tun einen Sinn. Hier hebt sich Days Gone von Titeln wie 7 Days to Die oder State of Decay ab, wo entweder keine Story vorhanden ist, oder sie schon nach kurzer Zeit an Bedeutung verliert. Uns steht außerdem eine stimmungsvolle und vor allem sehr authentische Welt zur Verfügung, die Fans von apokalyptischen Settings begeistern sollte. Die grandiosen Wettereffekte sind ebenso hervorragend umgesetzt wie die verlassenen Städte, Lager oder auch Details wie herumstehende Fahrzeuge, die erst von uns beiseite geschoben werden müssen. Weiterhin sorgen dezent gesetzte Jump-Scares und blutige Kämpfe sowie die gruselige Soundkulisse im Hintergrund für den nötigen Horror-Faktor. Hinzu kommt ein temporeiches Nahkampfsystem, das uns sehr nah ans Spielgeschehen bringt sowie ein solides Crafting- und Fortschrittssystem, die das Ganze abrunden. Kleinere KI-Aussetzer sollten nicht unerwähnt bleiben, sie ändern aber nichts an dem durchgehend guten Gesamteindruck, den Days Gone hinterlässt.
Positiv
- Authentische apokalyptische Stimmung
- Packende Nahkämpfe
- Hervorragende Wettereffekte
- Spaßiges Fahren mit dem Motorrad
- Vereint viele Elemente, von Crafting über Stealth bis hin zu Deckungsshooter-Passagen
- Mehrere Storylines
Negativ
- KI nicht immer wirklich clever
- Charaktere bleiben weitestgehend oberflächlich
- Story oftmals zu beiläufig
- Kleinere Grafik-Patzer
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