Mit Control liefern die Macher von Quantum Break einen weiteren Action-Kracher, in dem übernatürliche Kräfte im Mittelpunkt stehen. Wie uns der Third-Person-Shooter gefallen hat, zeigen wir euch im Test.
Ein seltsamer Empfang
Zum Auftakt lernen wir Hauptfigur Jesse kennen, die gerade den Eingang zum Federal Bureau of Control betreten hat. Dort wird sie an der Rezeption allerdings nicht freundlich empfangen, sondern befindet sich völlig allein in der Eingangshalle des riesigen Bürokomplexes. Während wir die leeren Räume nach Hinweisen durchforsten, erfahren wir, dass Jesse das FBC schon seit Jahren sucht. In sämtlichen Räumen sieht es aus, als hätten die Mitarbeiter ihre Arbeit erst vor wenigen Minuten eingestellt. Überall finden wir Dokumente, Akten und Aufzeichnungen, die uns aber zunächst auch nicht wirklich weiter bringen. Was dagegen nach und nach ein wenig Einblick in den Grund unseres Besuchs gibt, sind Jesses Selbstgespräche. Offenbar hat sie bereits in ihrer Kindheit schlechte Erfahrungen mit der ominösen Behörde gemacht, die auch für das Verschwinden ihres Bruders verantwortlich war. So wundert es uns kaum, als wir beim Durchsuchen des Gebäudes die Leiche des Direktors entdecken, der sich wohl mitten in seinem Büro erschossen hat.
Die Geheimnisse der Behörde
Nach einem Zeitsprung finden wir uns in einer Art Testprogramm wieder, das sich mit der sogenannten Astralebene befasst. Dieses hat eine gewisse Ähnlichkeit zur Animus-Testumgebung in Assassin’s Creed. Hier lernen wir unter anderem, wie wir unsere Feinde mit Nahkampf-Attacken wie dem Psy-Schlag angreifen und halten auch erstmals eine der futuristischen Schusswaffen des Spiels in der Hand, die mit einem sehr ordentlichen Feedback überzeugen. Unsere Standardwaffe benötigt übrigens keine klassische Munition. Sie generiert diese selbstständig, wenn wir sie gerade nicht benutzen. Wir selbst können unsere Lebensenergie aufladen, indem wir sogenannte Lebenselemente aufsammeln, die besiegte Feinde zurücklassen.
Gegen die Übermacht
Dass etwas mit der Behörde nicht stimmt, merken wir spätestens dann, als wir nach dem Verlassen des Büros von bewaffneten Sicherheitskräften attackiert werden, die allerdings nicht wirklich menschlich aussehen, sondern wie aus dem Nichts vor uns erscheinen. Wer den Indie-Titel Past Cure gespielt hat, wird hier vielleicht in der einen oder anderen Situation daran zurückdenken, zum Beispiel bei den rot leuchtenden Augen unserer Angreifer sowie ihren unschönen Grunzlauten. Das Verhalten der Sicherheitsleute ist übrigens nicht ihrem freien Willen geschuldet, sondern geht auf eine Instanz namens „Das Zischen“ zurück, die allem Anschein nach die Kontrolle über alles und jeden übernommen hat. Wir erfahren, dass sich einige Mitarbeiter der Behörde in Schutzräumen verschanzt haben und so vom „Zischen“ verschont wurden. Im Gespräch mit einer hochrangigen Mitarbeiterin des FBC stellt sich heraus, dass es wohl eine Möglichkeit gibt, mit dem toten Direktor, der ohnehin schon in unserem Geist mit uns kommuniziert, in Kontakt zu treten, um einen Weg zu finden, das „Zischen“ aufzuhalten. Wir begeben uns also in die entsprechende Abteilung, um die ungreifbare Macht in die Schranken zu weisen. Beim Kampf durch das Gebäude schalten wir nach und nach sichere Kontrollpunkte frei, die wir später auch als Schnellreisepunkte nutzen können. Auch erhalten wir stetig neue Zugriffsrechte, wodurch sich weitere Areale des Gebäudes für uns öffnen. Um was es sich beim „Zischen“ genau handelt und was das alles mit der Behörde und mit Jesse zu tun hat, offenbart sich uns im weiteren Spielverlauf.
Knackige Kämpfe treffen auf halboffene Welt
Das Durchsuchen unserer Umgebung lohnt sich übrigens durchaus. Dort finden wir neben Sammelobjekten wie Dokumenten, Audiologs oder Videopräsentationen, die uns ein wenig mehr über die Arbeit der Behörde verraten, auch hilfreiche Modifikationen für unsere Waffen und uns selbst. Diese erhöhen beispielsweise die Genauigkeit unserer Pistole oder verbessern Jesses Gesundheitsregeneration. Weiterhin sammeln wir stetig Fähigkeitspunkte und können damit Jesses Fertigkeiten aufwerten, indem wir zum Beispiel ihre Lebenspunkte erhöhen oder ihre Attacken stärker machen. Da die Kämpfe in Control von Beginn an alles andere als leicht sind und sich der Schwierigkeitsgrad auch nicht anpassen lässt, kommen die Mods und Fähigkeitsupgrades in jedem Fall wie gerufen. Neben gewöhnlichen Feinden erwarten uns auch Gegner mit stärkeren Waffen und Panzerung oder auch außer Kontrolle geratene Kräfte an sogenannten Objekten der Macht, die für Abwechslung sorgen. Das Verhalten der Feinde, die uns gerne einmal einkreisen, in Deckung gehen oder uns weiter bedrängen, wurde in den actionreichen Kämpfen ebenfalls gut umgesetzt. Weiterhin dürfen wir uns auf fordernde Bosskämpfe freuen, zum Beispiel gegen einen vom „Zischen“ Besessenen, der über uns in der Luft schwebt und uns zahlreiche Trümmer entgegen schleudert.
Zusätzlich zu den sehr dominanten Schießereien, die den größten Teil des Spiels ausmachen, entdecken wir in der Spielwelt außerdem diverse Nebenmissionen, die überraschend innovativ ausgefallen sind. Besonders hervorheben lässt sich hier beispielsweise eine Mission, bei der wir einen Hindernisparcours mit Schießeinlagen bewältigen müssen, und zwar innerhalb einer vorgegebenen Zeit. Gelingt dies, wartet am Ende eine neue Fähigkeit auf uns. Im Rahmen der Missionen gibt es außerdem regelmäßig kleinere Rätsel zu lösen, sodass wir zum Beispiel ein defektes Rohrsystem mit Energie versorgen sowie von einem mutierten Schleimmonster befreien müssen, bevor wir fortfahren können. Die Rätsel sind nicht wahnsinnig komplex, sorgen aber für eine nette Abwechslung vom übrigen kampflastigen Gameplay.
Übernatürliche Fähigkeiten für noch mehr Vielfalt
Ergänzend zu Nahkampfangriffen und Schusswaffen kann Jesse auch ihre besonderen mentalen Fähigkeiten nutzen, um Objekte zu greifen und durch die Luft zu schleudern. Auf diese Weise werden Objekte um uns herum zur gefährlichen Waffe. Diese Kräfte lassen sich nur dann nutzen, wenn der entsprechende Balken ausreichend gefüllt ist. Gerade bei besonderen Feinden, die als Goldgegner bezeichnet werden, sind unsere Astralfähigkeiten sehr wichtig. Da wir den Goldgegnern mit unseren Angriffen nichts anhaben können, müssen wir ihren Attacken entweder mit einer Art Warp ausweichen oder später auch ein Astralschild nutzen, um sie abzuwehren. Schön ist auch, dass uns der Shooter im Resident-Evil-Stil in einer weitestgehend frei begehbaren, aber recht begrenzten Umgebung, die sich immer weiter öffnet, nur mit einer Karte allein lässt, ohne uns Wegpunkte vorzugeben. So kommen Oldschool-Zocker voll auf ihre Kosten und fühlen sich beispielsweise schnell an das hervorragende Remake von Resident Evil 2 erinnert. Einziger Wermutstropfen an dieser Stelle: die Karte ist nicht immer ganz zuverlässig und manchmal aufgrund eines Grafikfehlers schlichtweg nicht lesbar.
Intensive Stimmung trifft auf erschreckend schlechte Synchronisation
Von Beginn an überzeugt Control mit einer immens dichten Atmosphäre, die vor allem durch gruselige Soundeffekte und sehr minimalistisch eingesetzte Musik zustande kommt. Auch die grafische Darstellung trägt ihren Teil dazu bei, dass sich alles ein wenig nach einem bösen Traum anfühlt. Es wirkt fast so, als würde ein kaum merklicher Schleier über der Welt liegen, wodurch gerade die Konturen unserer Gegner etwas unscharf wirken, was sie noch ungreifbarer und bedrohlicher macht. Dies wird durch die Beleuchtung zusätzlich unterstrichen, die sich häufig im roten Alarm-Modus präsentiert und das Unbehagen dadurch noch verstärkt.
Was das Eintauchen in die intensive Stimmung etwas stört, sind die Videoaufnahmen, die wir immer wieder präsentiert bekommen. Dabei handelt es sich leider nicht um Sequenzen, sondern um Filmaufnahmen mit Schauspielern, was etwas befremdlich wirkt. Die wirklichen Sequenzen sehen hingegen durchweg sehr hochwertig aus und bieten uns ebenfalls eine eindringliche und bedrückende Atmosphäre sowie beeindruckende Bilder. Grafisch ist Control sicherlich nicht auf der höchsten Ebene anzusiedeln und wirkt insgesamt eher wie ein etwas älterer Titel. Dies stört in Anbetracht dessen, dass die Welt durch die gewählte Darstellung noch etwas ferner und fremder rüberkommt, aber im Prinzip gar nicht, da dies wiederum sehr gut zur Handlung passt. Weniger schön sind hingegen spürbare Ruckler, die auf der regulären Xbox One häufig aufgetreten sind, sowohl im Spiel als auch in den Sequenzen. Da diese in der Regel aber sehr kurz waren, konnten wir es einigermaßen verschmerzen, eine Top-Wertung lässt sich dadurch aber definitiv nicht mehr vergeben. Ein weiteres großes Manko ist die quasi nicht vorhandene Lippensynchronität sowie die recht emotionslose Darbietung einiger Sprecher. Die von Hauptfigur Jesse müssen wir hierbei aber definitiv außen vor lassen, denn sie macht einen wirklich guten Job.
Fazit:
Insgesamt konnte mich Control wirklich überzeugen. Zwar ist die Geschichte jetzt nicht besonders innovativ und auch grafisch gibt es mit Sicherheit beeindruckendere Titel. Dennoch hat mich das in sich stimmige Konzept des Shooters von Beginn an begeistert. Wir sind in einem sehr begrenzten und dennoch frei erkundbaren Areal unterwegs, kämpfen gegen einen übermächtigen und auch übersinnlichen Gegner und alles wirkt irgendwie wie ein spielbarer Alptraum. Durch die leicht unscharfe Darstellung sowie die Selbstgespräche der Hauptfigur wird die beklemmende, surreale Umgebung noch intensiver. Hinzu kommen zombieartige Gegner, eine Umgebung ohne markierte Zielpunkte sowie eine durchgehend präsente Notbeleuchtung, was uns alles in gute alte Resident-Evil-Zeiten zurückversetzt. Da mir auch die intensiven Ballereien, die einsetzbaren übersinnlichen Kräfte sowie das reduzierte Verbesserungssystem gefallen haben, kann ich auch recht gut über die weitestgehend bescheidene Synchronisation, die teilweise katastrophale Lippensynchronität oder auch die für mich völlig deplatzierten echten Filmaufnahmen wegsehen. Die Performance-Probleme lassen sich aber leider nicht weg ignorieren und trüben das positive Bild merklich. Damit ist Control alles in allem ein wirklich guter, äußerst atmosphärischer Third-Person-Shooter, der einige Mängel aufweist, mich aber dennoch hervorragend unterhalten hat.
Positiv
- sehr dichte Atmosphäre
- Teils unscharfe Texturen und bedrohliche Soundeffekte verstärken diese noch
- intensive und fordernde Kämpfe
- Wahl zwischen Schusswaffen, Nahkampf und übersinnlichen Fähigkeiten
- Oldschool-Spielgefühl ohne sichtbare Markierung
- Welt öffnet sich nach und nach
- Hauptfigur durch Selbstgespräche und Gedanken sehr nah am Spieler
Negativ
- Deutsche Synchronisation kann nur selten überzeugen
- Lippensynchronität weitestgehend nicht vorhanden
- Echte Filmaufnahmen passen nicht ins Gesamtbild
- Grafisch nicht auf dem neusten Stand
- Diverse Ruckler und Performance-Probleme
Es gibt noch keine Kommentare.