Fast schon beschaulich fängt es an: wir bauen eine kleine Farm, ziehen die ersten zarten Pflänzchen hoch und schicken diese schon kurze Zeit später über ein kleines Flugfeld auf die Reise. Was zunächst nach Kleingärtneridylle klingt, entpuppt sich schon nach kurzer Zeit als knallharter Kampf um Geld und Macht.
Mit der Wirtschaftssimulation Cartel Tycoon schicken uns Publisher tinyBuild und Entwickler Moon Moose in ein fiktives südamerikanisches Land in den 80er Jahren.Unsere Mission: die Errichtung eines Drogenimperiums. Wir haben für euch den Weg der Rechtschaffenheit verlassen und das ab sofort auf Steam Early Access verfügbare Cartel Tycoon angespielt.
So treiben wir unsere Kariere als Drogenbaron voran
Ganz bescheiden beginnen wir mit ein paar Opium-Farmen, durch die wir unserem aufstrebenden Kartell die ersten schmutzigen Finanzmittel verschaffen. Wir suchen uns die besten Anbauflächen, sorgen mit einem Lager und ein paar Holperpisten für die nötige Infrastruktur und organisieren den Versand über den örtlichen Flugplatz im Hinterland.
Kaum beginnt der Rubel zu rollen, stellt sich schon die Frage, wie wir selbigen auf Hochglanz polieren können. Wir ziehen kurzerhand ein kleines Taxiunternehmen hoch, um unser schmutziges Geld zu waschen und nebenbei vielleicht sogar noch ein paar ehrliche Scheinchen zu verdienen.
Wir bauen weitere Farmen, produzieren mehr Ware und schon bald bringen wir den Flughafen an die Grenzen seiner Transportkapazität. An einer territorialen Expansion führt also kein Weg vorbei und damit nähert sich das friedliche Wachstum bald seinem Ende. Auf den Territorien, die nun in unseren Blick rücken, sind bereits andere Banden aktiv, die wir erst einmal „überzeugen“ müssen ihren Geschäftsbetrieb einzustellen.
In der Folge bauen wir unsere Geschäfte immer weiter aus. Wir erweitern unser Sortiment um diverse Pflanzen und Produkte, die wir über verschiedene Wege, wie Flugplätze, Häfen oder Checkpoints verkaufen können. Manchmal können wir die nicht ganz legalen Waren direkt verscherbeln, für manche Handelswege müssen sie jedoch erst mit anderen Waren und Produkten getarnt werden. So lässt sich Opium beispielsweise in unserem ebenfalls angebauten Gemüse verstecken und anschließend als scheinbar legale Ware per Schiffscontainer versenden.
In den Städten erwerben wir neue Immobilien, um unser Geld zu waschen oder uns die Sympathie der hiesigen Bevölkerung zu sichern und so auch unsere Geschäfte weiterentwickeln zu können.
Die Missionen in Cartel Tycoon – Angebote die man nicht abschlagen kann
Unser Weg zum Drogenbaron wird von zahlreichen Missionen begleitet, in denen uns auf Englisch auch die eine oder andere Geschichte um Macht und Verrat erzählt wird. Eine deutsche Version steht hier bisher noch nicht zur Verfügung.
Neben reinen Story-Missionen, die uns quasi als Tutorial dienen, gibt es auch optionale Tätigkeiten, die wir erfüllen können. Beispielsweise können wir Aufträge annehmen, um uns die Loyalität unserer Lieutenants zu sichern, oder müssen spezielle Aufgaben erfüllen, um uns für den Gefallen eines Bürgermeisters zu revanchieren.
Scheitern wir mit einem optionalen Auftrag, können die Konsequenzen mitunter sehr unangenehm sein und im schlimmsten Fall sogar zum Ableben unseres Capo führen. Aber keine Sorge, in einem solchen Fall steht unter unseren Lieutenants sicher schon ein geeigneter Nachfolger bereit.
Drogengeld ist ein (unnötig) kompliziertes Geschäft
Eine besonders interessante aber auch äußerst komplexe Angelegenheit ist das Steuern eurer Geldströme. Hiervon gibt es nämlich gleich zwei im Spiel! Zum einen euer ehrlich verdientes Geld, beispielsweise aus einem Taxiunternehmen, zum anderen das Geld, das aus etwas fragwürdigeren Geschäften stammt.
Beide Finanzmittel, das schmutzige wie auch das saubere Geld, können dazu dienen, den Bau und Unterhalt unserer Gebäude zu finanzieren. Was zunächst sehr praktisch klingt, entpuppt sich schnell als äußerst komplexe Angelegenheit. Denn wir müssen nicht nur gut ausbalancieren, wie viele Gebäude auf welche Geldquelle zurückgreifen, damit wir liquide bleiben, sondern wir müssen uns auch um die Bereitstellung des Geldes an den richtigen Orten kümmern.
Wir müssen also beispielsweise dafür sorgen, dass frisch eingetroffenes schmutziges Geld vom Flughafen zum Taxiunternehmen gebracht wird, damit es gewaschen werden kann. Nun muss das Taxiunternehmen aber auch mit unserer Villa verbunden sein, damit das Geld abgeholt wird und von unserer Villa an die umliegenden Farmen weiterverteilt werden kann. Das ist nur einer von vielen Geldflüssen, die nach und nach etabliert werden und deren Störung einen teils nicht unerheblichen Rattenschwanz an Konsequenzen nach sich ziehen.
Besonders problematisch an diesem System ist, dass es nicht genügt, nur den aktuellen Kontostand im Blick zu haben. Denn auch wenn ihr weit im Plus seid, kann der Betrieb euer Farmen trotzdem eingestellt werden, wenn das Geld für den Betriebt noch am Hafen statt in eurer Villa gebunkert wird.
Zwar lassen sich Finanzmittel auch mit Hilfe eurer Lieutenants transportieren, aber hier kommt es schnell dazu, dass zu viel Geld ab- oder auch antransportiert wird, was dazu führen kann, dass der Betrieb eines Gebäudes eingestellt wird oder das Geld einfach verloren geht.
Die Finanzströme sind also in der aktuellen Version mindestens eine Herausforderung, wenn nicht sogar ein etwas unnötig kompliziertes Ärgernis.
Logistik und Warenströme – Quo vadis Opium?
Ein zentraler Faktor ist wie in jeder Wirtschaftssimulation natürlich auch in Cartel Tycoon die Logistik. Denn nur wenn die erzeugte Ware auch an ihren Bestimmungsort gelangt, wird es auch in unserer Kasse klingeln.
Leider sind die Wege des Opiums beziehungsweise auch aller anderer Produkte in Cartel Tycoon manchmal unergründlich. Wandert die Pflanze vom Lager zum Hafen oder zum Flughafen oder zum Workshop, wo sie weiter verarbeitet werden kann? Zwar können wir in begrenztem Umfang auf diese Frage Einfluss nehmen, aber nicht selten laufen die einen Lager voll, während es an der anderen Stelle an Materialien fehlt, ohne dass der Grund dafür eindeutig nachzuvollziehen ist. Auch wenn der Laster sich lieber halb leer auf den langen Weg zum Hafen macht, statt die Waren aus dem überquellenden Lager der Farm nebenan zu holen, fragt man sich, wo man hier besseres Personal finden kann.
Killer, Leibwächter, Kuriere… Lieutenants machen sich die Hände schmutzig
Um unser stetig wachsendes Imperium unter Kontrolle zu behalten, benötigen wir irgendwann auch ein paar helfende Hände, auf die wir uns verlassen können. Also stellen wir Lieutenants ein, die uns etwa beim Transport von Geld und Waren behilflich sind, unsere Konkurrenten ausschalten oder unser eigenes Gebiet verteidigen.
Lieutenants verfügen über verschiedene Talente, die wir gezielt einsetzen können. Attentate, Entführungen oder schnellere Fortbewegung sind nur einige Beispiele. Außerdem könnt und müsst ihr eure treuen Helfer mit der Zeit immer weiterentwickeln und so eine schlagkräftige Truppe kreieren. Aber Vorsicht, vernachlässigt ihr eure Mitarbeiter und ignoriert deren Forderungen nach mehr Geld und Macht, weiß man nie auf welche verrückten Ideen sie kommen können!
Zwischen konkurrierenden Banden, Bürgermeistern und der Drogenbehörde
Euer Aufstieg zum Drogenbaron bleibt natürlich auch der Konkurrenz nicht verborgen und so müsst ihr jederzeit mit Angriffen auf eure Einrichtungen rechnen, die ihr mit Hilfe eurer Lieutenants abwehren könnt. Oder ihr kommt euren Neidern zuvor und beginnt den Bandenkrieg gleich selbst. So oder so, wenn Schüsse fallen, werden die Behörden aufmerksam.
Je mehr Drogen ihr verschifft und je aggressiver ihr vorgeht, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass euch die Drogenbehörde auf die Pelle rückt. Sie fahndet nach illegaler Ware, die sie beschlagnahmt, kann eure Einrichtungen inspizieren und dicht machen oder auch Straßen und Städte abriegeln, um eurem Terror Einhalt zu gebieten.
Zieht ihr zu viel Aufmerksamkeit auf euch, ist es gut jemanden zu haben, der die Gemüter auch wieder ein wenig beruhigen kann. In jeder Stadt gibt es hierzu einen Bürgermeister, den ihr bei Bedarf um die eine oder andere Gefälligkeit bitten könnt. Aber natürlich gibt es diese Hilfe nicht umsonst. Und wer seine Schulden nicht begleicht, für den kann alles noch viel Schlimmer werden als zuvor.
Optik und Gameplay sind nicht aus den 80ern
Auch wenn uns das Spiel in die 80er Jahre zurückführen will, tun dies die Optik und das Gameplay zum Glück nicht. Beides liegt im guten Genredurchschnitt. An vielen Stellen wird mit Comicoptik und Farben, die an Neon grenzen gearbeitet, was hervorragend zum Setting des Spieles passt.
Auch musikalisch wurde versucht, das 80er-Lateinamerika-Feeling zu unterstützen. Allerdings ist die Hintergrundmusik oft zu aufdringlich oder monoton und stört dadurch eher, als dass sie das Spiel bereichert. Zum Glück lässt sie sich über das Optionsmenü einfach deaktivieren.
Die Menüs im Spiel sind angenehm übersichtlich und äußerst intuitiv gestaltet. Symbole, Grafiken und Icons sind verständlich und leicht zu erfassen. Die Steuerung wurde einfach aber praktikabel gestaltet. Mehr als eine Maus ist praktisch nicht notwendig. Damit macht Cartel Tycoon den Einstieg ins Spiel sehr einfach und bietet eine hervorragende Übersicht.
Permadeath in der Wirtschaftssimulation – Nur ein Speicherstand pro Spiel
Cartel Tycoon ermöglicht es uns derzeit lediglich drei verschiedene Spielstände parallel zu besitzen. Jeder Spielstand ist nur für EIN Spiel! Das bedeutet, haben wir uns einmal verkalkuliert oder einen herben Rückschlag erlitten, gibt es weder Quicksafes noch andere, ältere Speicherstände die uns retten könnten. Damit spielen wir Cartel Tycoon praktisch die ganze Zeit mit aktiviertem Permadeath!
Das kann gerade bei Einsteigern schnell in eine Sackgasse führen, aus der man nicht oder nur mit sehr großem Aufwand wieder entkommen kann. Jeder Kauf oder Bau eines Gebäudes sollte also genau überlegt sein. Auch sollte man das Spiel nie gänzlich unbeaufsichtigt laufen lassen, um Geld anzuhäufen. Denn ein kritisches Event während unserer Abwesenheit kann schon ausreichen, um uns um Stunden zurück zu werfen oder gleich ganz in den Ruin zu treiben.
Um eine solche Katastrophe zu vermeiden, haben wir für euch die wichtigsten Tipps, Tricks und Bauempfehlungen für die ersten Spielstunden in unserem Guide “ Cartel Tycoon – Tipps und Tricks für den perfekten Start“ zusammengefasst.
Fazit
Eine Wirtschaftssimulation mit Permadeath: Cartel Tycoon ist nur etwas für hartgesottene Drogenbosse!
Für den frühen Entwicklungsstatus ist Cartel Tycoon bereits ausgesprochen gut. Die meisten Spielmechaniken funktionieren prinzipiell gut, die Steuerung und Menüs sind intuitiv gestaltet und Abstürze oder Bugs kamen während unseres Tests nicht vor.
Die kleinen Geschichten sowie Missionen bringen etwas Würze in den Alltag des Drogenbarons und Events wie Bandenüberfälle oder Durchsuchungen durch die Drogenbehörde treiben uns regelmäßig den Puls in die Höhe.
Einzig die Feinjustierung lässt an mancher Stelle noch zu wünschen übrig. Gerade die Logistik von Geld wie Waren wirkt oft noch nicht ganz ausgereift und zwingt uns regelmäßig zu einiger lästiger Detektivarbeit. Auch beim Umfang gibt es durchaus noch Luft nach oben. Zumindest ein Mehrspielermodus wäre eigentlich in Zukunft noch Pflicht.
Aber auch mit diesen Schwächen hinterlässt Cartel Tycoon schon jetzt einen guten ersten Eindruck – wenn man die Hintergrundmusik ausblendet.
Positiv
- Intuitive Menüs und Steuerung
- Spannendes Setting
- guter technischer Zustand
Negativ
- Nicht ausgereifte Logistik
- Nervige Hintergrundmusik
- Nur 1 Speicherplatz pro Spiel
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