El Presidente ist zurück und herrscht nun erstmals über ein ganzes Inselreich. Wie schlägt sich das neue Entwicklerstudio Limbic? Ist Tropico 6 ein Schritt nach vorne oder muss El Presidente beim armen Penultimo die Daumenschrauben ansetzen? Wir haben unsere Koffer gepackt und haben auf Tropico Urlaub gemacht.
Limbic Entertainment, die Macher von Heroes of Might and Magic Heroes VII und Memories of Mars, übernehmen das Amt von Haemimont als Entwickler der langjährigen Tropico-Reihe. Angedacht war offensichtlich, durch den Wechsel frischen Wind und Ideen in das Spiel zu bekommen. Mit dem Umzug auf die Unreal-Engine verspricht man sich sicherlich auch grafisch ein großes Upgrade. Dazu kommen wir später in unserem Test.
Kampagne
Die Kampagne in Tropico 6 stellt mit der Sandbox natürlich das Kernprodukt. Seit jeher ist Tropico zwar eine sehr fordernde Wirtschaftsimulation, punktet aber schon immer auch mit Humor und lustigen Texten. Gerade El Presidente hat es somit zur eigenen Marke geschafft. Den Inhalt wollen wir an dieser Stelle nicht verraten, wie immer ist eine ordentliche Briese Humor, Sarkasmus und einige Seitenhiebe auf die aktuelle Weltpolitik vorhanden. Durch die Kampagne arbeiten wir uns anhand der Einzelspieler-Missionen. Dabei bauen die Mission aufeinander auf und der Schwierigkeitsgrad steigt langsam an. So hat man als Spieler auch Zeit, sich mit allen Funktionen vertraut zu machen, bevor die komplexen Aufgaben kommen. Das ist leider auch notwendig, denn Tropico 6 verfügt über sehr viel Tiefgang und unglücklicherweise werden sehr viele Funktionen nicht gut erklärt. Mit etwas Zeit und Übung findet man sich allerdings dann doch schnell zurecht. Ein etwas mehr ausgeklügeltes und umfangreicheres Tutorial wäre dennoch sehr wünschenswert gewesen.
Politik und Handel
Politik und Handel stehen auch in Tropico 6 wieder im Vordergrund. Dafür sollte man in jedem Zeitalter spezielle Aufgaben erfüllen, um alle Fraktionen bei Laune zu halten und sich ihre politische Unterstützung bei den nächsten Wahlen zu sichern. Neben den Fraktionsführern muss man natürlich auch die Bevölkerung und ihre Bedürfnisse befriedigen. Wir reden hier zum einen von Nahrung, zum anderen von Unterhaltung und Bildung. Vor jeder Wahl lässt uns Troico 6 eine Wahlrede halten, um die Bevölkerung damit noch einmal auf Linie zu bringen. Wir können hier Versprechungen machen oder aber andere beschuldigen. Zu beachten gilt, wir sollten unsere Versprechungen danach auch einhalten. Allerdings ist auch das keine Sache, die man mit Geld, Bestechung oder anderen Manipulationen nicht lösen könnte. Das gesamte Wahlsystem ist dabei aber dennoch sehr weitreichend, sodass auch umfangreichere Verfassungsänderungen notwendig sein können. Auch über kurzfristig erlassene Edikte kann man noch einiges bewirken. Im Vergleich zur bisherigen Tropico-Serie scheint das politische System etwas umfangreicher und ausgeklügelter zu sein. Sehr positiv ist, dass die Wahlreden wieder ihren Weg zurück ins Spiel gefunden haben.
Die Außenpolitik in Tropico 6 ist ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor, nicht nur dass wir dadurch gute Handelsrouten bekommen und auf unsere Waren einen Bonus erhalten, was das dringend benötigte Geld in unsere klamme Staatskasse spült, wir bekommen auch eine Wirtschaftshilfe überwiesen. Je besser wir hierbei mit einer außenpolitischen Macht stehen, desto eher stehen uns diese Zuwendungen im späteren Spielverlauf zur Verfügung. Auch Allianzen können wir mit unseren Partnern eingehen. Viele Missionen werden uns das auch vorgeben oder uns sogar in einen Konflikt mit einer Supermacht führen. Sind Worte wirkungslos, müssen die Waffen sprechen. Um unser Inselreich vor Invasoren zu schützen, müssen wir für ausreichend Militär sorgen, sofern das nicht gegen unsere Verfassung sein sollte.
Das Kampfsystem in Tropico 6 ist allerdings nicht wirklich gut gelungen. Aus unseren Anlagen rücken die Truppen automatisch aus und bekämpfen den Feind. Einen Einfluss drauf, welche Einheit wohin fährt, haben wir leider nicht. Hier müssen wir wohl unseren Generälen vertrauen. Dabei vertraut El Presidente eigentlich niemandem. Ob wir unseren tropischen Staat als Demokratie, Diktatur, Polizeistaat oder Hippieparadies führen, liegt ganz an uns. Alles birgt hierbei Vor- und Nachteile. Wofür sich El Presidente auch immer entscheiden wird, er hat immer Recht.
Die Fünf Zeitalter
In Tropico 6 gibt es fünf verschiedene Zeitalter. Jedes Zeitalter verfügt über seine eigenen, individuellen politischen Herausforderungen und natürlich auch verfügbare Gebäude und Forschungen. Wir beginnen unsere Reise in der “Kolonialzeit”, hier gilt es stets die königliche Krone bei Laune zu halten und die Mandatszeit zu verlängern. Haben wir erfolgreich unsere Unabhängigkeit erklärt und die Krone ausbezahlt oder alternativ ihre Invasion überstanden, gilt es fortan, die politischen Gruppierungen bei Laune zu halten. Im “Weltkriegszeitalter” haben wir es mit den Achsenmächten und den Alliierten zu tun. Hier müssen wir, wie später auch, bestimmte Aufgaben erfüllen, dann schreiten wir ins nächste Zeitalter. Im “Kalten Krieg” spielen wir Ost- und Westblock gegeneinander aus und führen unser Inselreich in die “Moderne Zeit”. Über alle Epochen hinweg gibt es neue Gebäude und Forschungen. Nach der Kolonialzeit können wir auch endlich Brücken auf andere Inseln bauen, denn zuvor konnten wir diese nur mit Booten erreichen.
Sandbox
Neben der Kampagne ist der Sandbox-Modus sicherlich der meistgespielte in Tropico 6. Als Erstes legen wählen wir hier eine der vorgefertigten Karten aus. Danach legt man das Startzeitalter und das Kapital fest. Hier dürfen wir auch unbegrenztes Geld auswählen und wahre Prachtinseln errichten. So einfach ist es natürlich trotzdem nicht, egal ob mit oder ohne finanziellen Druck. Wir verfolgen zwar keine Haupthandlung wie in der Kampagne, dennoch erhalten wir von den verschiedenen Fraktionen immer Aufträge. Diese gilt es vornehmlich zu erfüllen, um ihre Unterstützung zu sichern. Letztendlich kann uns eine verpatzte Wiederwahl zu Fall bringen. Die Bedingungen für einen Sieg können ebenso individuell festgelegt werden.
Dieser Modus eignet sich hervorragend um Tropico 6 in seiner ganzen Tiefe zu erforschen, da hier nicht vorgegeben ist, welche Ziele erfüllt sein müssen. So kann man in Ruhe bauen und Forschen und findet nebenbei neue Taktiken und Wege für die Kampagne. Die neuen Weltwunder lassen sich hier ohne Zeitdruck rauben, sodass man ihre Boni auf Wirtschaft und Bevölkerung beobachten kann. Kennt man auch die Karten aus dem Sandbox-Modus auswendig, ist der der Random-Map-Generator eine gute Neuerung.
RMG und die Community
Der Random-Map-Generator erschafft zufällig generierte Karten. Das bedeutet, dass in diesem Modus unendlich viele Karten zur Verfügung stehen. Der Spieler kann viele Faktoren beeinflussen, wie die Größe, die vorhandenen Rohstoffe oder auch das Terrain. Am Ende bekommt man noch einen Zahlenwert für diese Karte, welchen man mit der Community teilen kann. Einem regen Austausch von Karten unter Freundin und in Steam ist damit der Weg geebnet. Natürlich sind diese Karten qualitativ nicht ganz so ausgefeilt wie die von Hand erstellten Karten der Entwickler, aber dennoch werden sehr gute Spielumgebungen generiert.
Multiplayer
Der Multiplayer-Modus in Tropico 6 lässt leider noch einiges zu wünschen übrig. Derzeit ist es nicht möglich, die Partien unter Freunden zu speichern. Zwar wird dies in den Changelogs angegeben, wer diese aber nicht gelesen hat und einfach nur eine Multiplayer Karte startet, ist sich dessen eventuell nicht bewusst. Ansonsten bietet der Multiplayer-Modus in etwa die gleichen Möglichkeiten wie in Tropico 5. Sprich, man legt ein gemeinsames Ziel fest, wann die Karte gewonnen wird, das Zeitalter, die verfügbaren Ressourcen und schon kann es losgehen. Ein Crossplay mit der Konsole ist derzeit nicht möglich, allerdings können Mac, Linux und PC zusammen spielen.
Im Gegensatz zum Einzelspielermodus können hier Gebiete gekauft werden, wofür man das nötige Geld auf einem Schweizer Konto haben muss. Diese Gebiete können von anderen dann angegriffen und erobert werden. Stellt sie natürlich Frage, was ist sinnvoller? Auf Militär setzen und die Gebiete anderer angreifen oder lieber für das notwendige Geld sorgen und sich selbst Gebiete kaufen.
Mit bis zu 4 Spielern kann Tropico 6 gespielt werden. Die Entwickler haben versprochen, dass sich der Multiplayer-Modus bald stabiler spielen lässt und auch das Speichern möglich sein wird. Wir werden uns im Multiplayer noch einmal später umschauen und eventuell die Wertung anpassen.
Grafik
Dank der Unreal-Engine erstrahlt Tropico 6 in einem neuen Glanz. Im Vergleich zur hauseigenen Engine von Haemimont hat man hier deutlich mehr Möglichkeiten und nutzt das visuell auch aus. Das Treiben der Tropicaner, wobei jeder Einzelne über einen eigenen, simulierten Tagesablauf verfügt, können wir durch einfaches Anklicken der Person verfolgen. In dieser Ansicht dürfen wir die vielen neuen Gebäude etwas genauer anschauen. Jede Produktionsstätte produziert visuell sichtbar ihre Ware. Sieht sehr nett aus, ist aber nicht ganz so detailreich wie bei der Konkurrenz von Anno. Die vielen neuen Gebäude fügen sich gut in den Mix aus altbekannten, aber leicht veränderten Gebäuden ein. Vegetation, Wasser und Strände sehen nun deutlich besser aus als in Tropico 5. Ereignisse wie Vulkanausbrüche, Tornados und dergleichen sehen hübsch aus und sind zeitgleich sehr verheerend. Die großen Transportschiffe hingegen glitschen etwas durch Brücken, was natürlich keinen Einfluss auf das Gameplay hat, aber dennoch etwas unschön ist. Als Entschädigung gibt es in der Kampagne kleine Video-Clips, die zu Beginn und am Ende der Mission die Story mittragen. Per einfachen Druck auf die Leertaste können wir unser Inselreich von oben begutachten und uns die schönsten Strände für den Tourismus sichern.
Sound
Auch der Soundtrack von Tropico 6 besitzt wieder einen guten Mix aus karibischer Musik, die sehr abwechslungsreich ist. Kommt dabei aber gefühlt nicht ganz an den Vorgänger heran. Die bereits erwähnten Palast- oder Wahlreden von El Presidente sind vollständig vertont und bringen bei vielen Tipps und Anekdoten von Penultimo den Humor gut herüber. Während wir spielen und uns um unser eigenes Wohlergehen sorgen, nebenbei natürlich auch die lästigen Bedürfnisse der Untertanen , hören wir den Radiosender von Tropico, der über diverse Ereignisse informiert. Die deutsche Sprachausgabe ist gut gelungen, alle Personen der verschiedenen Fraktionen sind vertont worden.
Fazit
Penultimo kann aufatmen. Tropico 6 ist ein würdiger Nachkomme in der langen Ahnenreihe von Tropico und definitiv ein Schritt nach vorne. El Presidente kann mit dem neuen Entwicklerstudio Limbic zufrieden sein. Das Verbinden mehrer Inseln mit Brücken und Schiffsrouten bringt die nötige Abwechslung in die Tropico-Reihe. Der Humor ist wieder mit an Bord und verhindert, dass Tropico 6 eine trocken Wirtschaftssimulation ist. Beim Multiplayer muss Penultiomo aber noch ein paar Nachtschichten einlegen, aber ansonsten präsentiert sich das Spiel hervorragend. Die vielen Missionen der Kampagne und der Sandbox-Modus garantieren langen Spielspaß und viele unterschiedliche Herausforderungen. Nicht nur Fans von El Presidente kommen hier voll und ganz auf ihre Kosten.
Positiv
- Gutes Wirtschaftssystem
- Lustiger Humor
- Viele Neuerungen
- Bauen auf mehreren Inseln
- Abwechslungsreiche Kampagne
Negativ
- Multiplayermodus kein Speichern möglich
- Vieles nicht im Tutorial erklärt
- Kampfsystem nicht ausgereift
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